Rund 80 Prozent der Hebammen arbeiten selbständig und können auch als so genannte Beleghebammen in Kliniken tätig sein. Sie betreuen Frauen vor, während und nach der Geburt ihres Kindes. Als erste Ansprechpartner*innen bauen sie eine besondere Beziehung zu den Müttern und Familien auf und begleiten sehr eng den Prozess der Familienbildung. In dieser wohl größten Umbruchphase des Familienlebens stehen sie mit Rat und Tat zur Seite. Eine besondere Bedeutung kommt Hebammen während des Wochenbetts und der Stillzeit zu. Denn diese Besuche finden in der vertrauten, sicheren Umgebung zu Hause bei den Müttern und Familien statt. Diese regelmäßige, aufsuchende Tätigkeit von Hebammen ist im Gesundheitswesen, in dem es selten Hausbesuche gibt, bereits heute ein Alleinstellungsmerkmal.
Hebammen arbeiten nach dem so genannten salutogenetischen Ansatz. Das bedeutet, sie unterstützen die Mutter, Zutrauen in ihre eigene Fähigkeit zu entwickeln. Sie helfen ihr dabei, einfach „guter Hoffnung“ zu sein. Denn eine Geburt ist etwas Normales.
Eine Hebamme hat umfassendes, auch medizinisches Wissen um den Verlauf von Schwangerschaft und Geburt. Ihr Ziel ist, werdenden Müttern dabei zu helfen, kompetente Entscheidungen zu treffen. Qualifizierte Hebammenarbeit sorgt für eine gute Bindung zwischen Mutter und Kind und der ganzen Familie. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit der ganzen Gesellschaft.
Vor der Schwangerschaft berät die Hebamme bereits zum Kinderwunsch sowie zur Empfängnisregelung. Bei glücklosen Schwangerschaften und Fehlgeburten ist sie eine einfühlsame und fachkompetente Begleiter*in.
Vor der Geburt berät die Hebamme mit ihrem Fachwissen und unterstützt den natürlichen Verlauf der Schwangerschaft. Jede Hebamme ist dazu ausgebildet, Frauen medizinisch zu betreuen. Dazu gehört unter anderem die Schwangerenvorsorge, die in einer Praxis oder auch zu Hause stattfinden kann. Es gehört zur Kompetenz von Hebammen, nicht unnötig einzugreifen aber dann Hilfe zu leisten, wenn es notwendig wird. Man kann auch sagen: Die Hebamme muss viel wissen, um wenig zu tun. Ein*e Ärzt*in muss erst dann hinzugezogen werden, wenn etwas nicht mehr regelrecht verläuft. Natürlich berät die Hebamme auch bei der Entscheidung, ob das Kind in einer Klinik, in einem Geburtshaus oder zu Hause zur Welt kommen soll.
Während der Geburt ist in Deutschland immer eine Hebamme dabei. Das ist der gesetzlich festgelegte Anspruch aller Frauen. Eine Hebamme darf eine Entbindung alleine durchführen, wenn diese normal verläuft. Ein*e Ärzt*in darf dies nicht. Es muss immer eine Hebamme anwesend sein, auch bei einem Kaiserschnitt. Das Ziel ist jedoch, den normalen Verlauf des Geburtsvorgangs zu unterstützen. Nur wenn es medizinisch notwendig wird, soll in den Vorgang eingegriffen werden.
Nach der Geburt hilft die Hebamme während des Wochenbetts der werdenden Familie zu Hause. Dazu gehört zum einen die medizinische Betreuung. Zum anderen kommt auch in dieser Phase der psychosozialen Hebammenarbeit eine starke Bedeutung zu. Denn hier gilt es für die Eltern, sich in ihre neuen Rollen und in die neue Lebenssituation hineinzufinden, die Einheit von Eltern und Kind zu erlangen und späteren Problemen vorzubeugen. Zudem ist die Hebamme während der Stillzeit Ansprechpartner*in für alle Fragen rund um die Versorgung und den Umgang mit dem Kind (z. B. bei Still- und Ernährungsproblemen) und zu Rückbildungsvorgängen bei der Mutter.
Hebammen folgen dem ethischen Anspruch, jeder Frau eine respektvolle, professionelle und fachkompetente Betreuung in dem Umfang anzubieten, den sie benötigt. Neben der fachlichen Qualifikation benötigt die Hebamme hierfür ausreichend Zeit für eine persönliche Betreuung. Diese wird heutzutage weder freiberuflich tätigen noch angestellten Hebammen zugestanden.
Eine hohe Arbeitsdichte und zu wenig Personal in Kliniken führen dazu, dass Hebammen nicht mehr so arbeiten können, wie sie es gelernt haben und wie es für die Betreuung der Frauen angemessen wäre. Deswegen arbeiten immer weniger Hebammen in Krankenhäusern oder nur noch in Teilzeit. Außerdem verdienen sie gemessen an ihrer hohen Verantwortung zu wenig.
Freiberuflich tätige Hebammen erhalten ebenfalls eine zu geringe Vergütung. Um jeder Frau die Betreuung zukommen zu lassen, die diese benötigt, müssen Sie zusätzlich zu den zu niedrigen Vergütungssätzen dauerhaft Mehrarbeit leisten. Dazu kommt der sich immer weiter ausbreitende Mangel an Hebammenhilfe. Bereits heute findet schon längst nicht mehr jede Frau eine Hebamme in ihrer Region. Dies zeigt auch unsere Landkarte der Unterversorgung, in die jeden Tag Frauen ihre ergebnislose Suche nach einer Hebamme eintragen.
Erst wenn die Gesellschaft erkennt, dass Gesundheit nicht durch ein Höchstmaß an technischer Ausstattung erlangt werden kann und psychische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen, wird der Wert der Hebammenhilfe richtig anerkannt. Wenn Mütter und Familien vor, während und nach der Geburt ihrer Kinder individuell betreut werden können, dann erhalten sie wie auch die Hebammen, die sie betreuen, die gesellschaftliche Wertschätzung, die ihnen zusteht.