Der Deutsche Hebammenverband hat im Wahljahr 2021 ein großes Ziel: Gute Geburtshilfe für alle Gebärenden – und fordert deshalb künftig endlich die Eins-zu-Eins-Betreuung durch Hebammen während der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit sicherzustellen.
Die Politik muss JETZT handeln und den gesellschaftlichen Wert der Geburtshilfe als richtungsweisend für die Zukunft anerkennen. Nur so schaffen wir eine verlässliche Betreuung aller Gebärenden und attraktive Perspektiven für Hebammen.
Seit über einem Jahr beweisen viele Berufsgruppen, dass sie zu den Stützpfeilern der Gesellschaft gehören. Sie geben den Menschen Rückhalt und ein Gefühl der Sicherheit. Auch die Hebammen gehören dazu. Während der Coronakrise üben sie engagiert und mutig ihren Beruf aus, damit Frauen sicher gebären können. Der Berufsstand hat schnell reagiert und alle Kräfte und Expertisen gebündelt – für alle Schwangeren, Gebärenden und jungen Mütter. Jetzt, im Wahljahr 2021, geht es darum, die Zukunft aktiv mitzugestalten!
Wie auch bei der letzten Bundestagswahl wird der DHV seine Forderungen an die demokratischen Parteien des Deutschen Bundestages senden und die Antworten veröffentlichen. Außerdem gibt es einen Gesprächsleitfaden für politische Diskussionen und viele Informationsmaterialien. All dies können Hebammen und Unterstützer*innen beim Besuch von Wahlkampfveranstaltungen oder im Straßenwahlkampf verwenden.
Seien Sie dabei, wenn wir zur Bundestagswahl 2021 die Geburtshilfe in Deutschland auf die Agenda setzen. Für dieses Ziel einzutreten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir auch für künftige Generationen wahrnehmen müssen.
Anlässlich der Bundestagswahl 2021 haben wir die fünf großen demokratischen Bundestagsfraktionen zu ihren Positionen und Vorhaben für eine gute Geburtshilfe in Deutschland befragt.
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Antworten der Parteien zu unseren Wahlprüfsteinen.
CDU/CSU:
Siehe gemeinsame Antwort auf beide Fragen unter Frage 2.
SPD:
Paare, die sich für Kinder entscheiden, brauchen Versorgungssicherheit und die freie Wahl des Geburtsortes. Ob nun stationär oder ambulant in der Klinik, im Geburtshaus oder in den eigenen vier Wänden. Die klinische Geburtshilfe leidet vielerorts unter einer mangelnden Refinanzierung der notwendigen Vorhaltekosten und daraus resultierend unter Unterfinanzierung. Die SPD wird das System der Fallpauschalen auf den Prüfstand stellen, die Pauschalen überarbeiten und wo nötig abschaffen. Die Grundkosten der Krankenhäuser werden wir angemessen finanzieren. Für eine gute Geburtsbegleitung ist ein Betreuungsschlüssel für Hebammen notwendig, der eine Eins-zu-eins-Betreuung im Kreißsaal vorsieht. Auch die Geburtshilfe muss aus dem System der „diagnosebezogenen Fallpauschalen“ entlassen werden. Zudem setzen wir uns für eine leistungsgerechte Vergütung der freiberuflichen Hebammen ein, die ihre verantwortungsvollen Aufgaben umfassend berücksichtigt. Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz hat die SPD ein Hebammenstellen-Förderprogramm mit 100 Millionen Euro pro Jahr und einer Laufzeit von 2021–2023 durchgesetzt, über das etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 1.750 weitere Stellen für Fachpersonal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen geschaffen werden können.
GRÜNE:
Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Geburtshilfe in Deutschland vergleichsweise kleinteilig organisiert. Die Zahl der Krankenhäuser, die Geburtshilfe anbieten, ist seit längerem rückläufig und liegt deutschlandweit nur noch knapp unter 700. Gleichzeitig sank auch die Auslastung der Stationen. Wir GRÜNE wollen, dass alle Schwangeren Geburtshilfeeinrichtungen in erreichbarer Nähe haben. Dabei sollen auch neue Versorgungsangebote erprobt werden. Wir wollen ein besonderes Investitionsförderprogramm zum gezielten Ausbau von Kreißsälen in Großstädten und Ballungsräumen mit steigenden Geburtenzahlen auflegen. Bedarfsnotwendige Geburtskliniken oder -abteilungen in ländlichen Regionen sollen eine ergänzende fallzahlunabhängige Finanzierung erhalten. Wir werden den Gemeinsamen Bundesausschuss damit beauftragen, ein Personalbemessungsinstrument für die Hebammenversorgung in Kreißsälen einzuführen, das von einer 1:1-Betreuung der Schwangeren durch eine Hebamme in wesentlichen Phasen der Geburt ausgeht.
DIE LINKE:
Die klinische Geburtshilfe befindet sich in einem sehr angespannten Zustand, unter dem Beschäftige, Schwangere und Neugeborene leiden. Hauptursache hierfür sind der Sparzwang in den Kliniken und das fehlgeleitete Finanzierungssystem der Fallpauschalen (DRG). Dieses System wollen wir abschaffen und durch eine bedarfsgerechte Finanzierung ersetzen. Wir unterstützen die Forderung des Hebammenverbandes nach einem Geburtshilfestärkungsgesetz mit dem Ziel einer Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt. Die Kosten für den laufenden Betrieb in den Geburtshilfeabteilungen müssen von den Krankenkassen so finanziert werden, dass diese Abteilungen ihre Vorhaltekosten decken und die Hebammen bei gutem Stellenschlüssel leistungsgerecht bezahlen können.
FDP:
Das IGES Institut kam in seinem im Januar 2020 veröffentlichten Gutachten zur stationären Hebammenversorgung zum Ergebnis, dass rund 40 Prozent der in Kliniken angestellten Hebammen aufgrund einer hohen Arbeitsbelastung eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit erwägen und 25 Prozent über eine gänzliche Aufgabe der Tätigkeit nachdenken (Quelle: IGES Gutachten zur stationären Hebammenversorgung). Vor dem Hintergrund des Ziels der Sicherstellung einer 1:1-Betreuung ist das ein Alarmsignal. Deshalb wollen wir vor allem auf eine Entlastung der Hebammen von fachfremden Tätigkeiten sowie eine nachhaltige Finanzierung von Hebammenstellen und Stellen für Hebammen assistierendes Personal hinwirken.
Grundsätzlich setzen wir uns dafür ein, dass auch weiterhin die Freien Berufe im Gesundheitswesen gestärkt werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Heilmittelerbringerinnen und Heilmittelerbringer sowie Hebammen und Geburtshelfer müssen in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können. Denn die Therapiefreiheit der Behandlung ohne Budgetierungszwang kommt den Patientinnen und Patienten zugute. Freiheit und Verantwortung sind die Basis der Vertrauensbeziehung zwischen Hebamme und Patientin.
CDU/CSU:
Für die gute Versorgung von Schwangeren, Müttern und Familien sind Hebammen unverzichtbar. Daher haben CDU und CSU in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Maßnahmen unternommen, um auch künftig eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe sicherzustellen und die Möglichkeit zur freien Wahl des Geburtsortes zu gewährleisten. Die gesetzlichen Regelungen sehen dabei unter anderem vor, dass die Einzelheiten der Versorgung mit Hebammenhilfe einschließlich der abrechnungsfähigen Leistungen, der Anforderungen an die Qualitätssicherung sowie der Vergütung von Hebammenleistungen vom GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen auf Bundesebene vertraglich vereinbart werden. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen in der stationären Hebammenversorgung ist zudem originäre Aufgabe der Krankenhäuser, die auch für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Hebammen Sorge zu tragen haben. Wir erwarten in allen Bereichen eine entsprechende Berücksichtigung der S3-Leitlinie. Die Kliniken haben wir in diesem Ziel, eine optimale Versorgung der Schwangeren bei der Geburt sicherzustellen, unter anderem dadurch unterstützt, indem wir für 2021 bis 2023 ein Hebammenstellen-Förderprogramm zur Förderung zusätzlicher Hebammenstellen auf Geburtsstationen aufgelegt haben. Hier gilt es nun, zunächst die Umsetzung aufmerksam zu begleiten und auszuwerten.
SPD:
Der Staat muss sicherstellen, dass die Leistungen der Gesundheitsversorgung insgesamt und insbesondere auch der Hebammenversorgung den Bedürfnissen derer entsprechen, die sie benötigen. Gute Arbeitsbedingungen und vernünftige Löhne sind dafür eine wichtige Grundlage. Wir wollen die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, denn sie wirkt sich negativ auf die Versorgung der Patient:innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus. Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, sollen verpflichtend und weitestgehend wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen. Die SPD setzt sich für bundesweit verbindliche und bedarfsgerechte Personalschlüssel , flächendeckende tarifliche Bezahlung, weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung ein.
GRÜNE:
Studien zeigen für die klinische Geburtshilfe durchaus unattraktive Arbeitsbedingungen wie etwa eine hohe Arbeitsverdichtung, die Belastung der Hebammen mit fachfremden Tätigkeiten sowie familienunfreundliche Arbeitsbedingungen. Daher wollen wir GRÜNE die Refinanzierung von Tarifsteigerungen für angestellte Hebammen in Geburtskliniken verbessern und diese Finanzierung an bestimmte Qualitätskriterien, wie etwa eine 1:1-Betreuung in wesentlichen Phasen der Geburt, binden. Darüber hinaus wollen wir darauf hinwirken, dass hebammengeleitete Kreißsäle flächendeckend etabliert werden. Wir werden das kooperative Zusammenwirken zwischen Ärzt*innen und Hebammen im Kreißsaal weiter fördern, beispielsweise durch interdisziplinäre Fort- und Weiterbildungen sowie durch mehr Entscheidungsbefugnisse für Hebammen.
DIE LINKE:
Hebammen in der klinischen Geburtshilfe sind aktuell überlastet. Gleichzeitig wird ihnen oft nicht der angemessene Respekt entgegengebracht, der ihnen als medizinische Fachpersonen und zentrale Figuren in der Geburtshilfe zusteht. Wir unterstützen die Forderung des Hebammenverbandes nach einem Geburtshilfestärkungsgesetz mit dem Ziel einer Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt. Die Kosten für den laufenden Betrieb in den Geburtshilfeabteilungen müssen von den Krankenkassen so finanziert werden, dass diese Abteilungen ihre Vorhaltekosten decken und die Hebammen bei gutem Stellenschlüssel leistungsgerecht bezahlen können.
FDP:
Wir Freie Demokraten wollen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Hebammen und Geburtshelfer sowie innovative Möglichkeiten für eine bessere Unterstützung. Wir befürworten Lösungen, um Hebammen vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen ihrer freiberuflichen Arbeit zu schützen. Von fachfremden Tätigkeiten wollen wir Hebammen entlasten. Engagierten Schulabsolventinnen und Schulabsolventen, die die EU-Mindestvorgaben zum Erlernen des Hebammenberufes nicht erfüllen, wollen wir bezüglich des Ziels einer solide finanzierten Eins-zu-eins-Betreuung dennoch ermöglichen, in der Geburtshilfe tätig zu werden. Dafür schlagen wir vor, den ergänzenden Beruf der „Mütterpflegekraft“ für die Vor- und Nachsorge im Wochenbett einzuführen.
CDU/CSU:
Siehe gemeinsame Antwort auf die Fragen 3–6 unter Frage 6.
SPD:
Für die SPD stehen die Interessen der schwangeren Frauen im Vordergrund. Hebammen sind die Fachkräfte für Geburtshilfe. Sie verfügen über die Kompetenz und die rechtliche Befugnis, eigenverantwortlich Geburten auch in der Klinik zu betreuen. Trotzdem hat die Verlagerung von Geburten in die Klinik in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten zu der Entwicklung geführt, dass auch physiologische Geburten immer unter ärztliche Leitung gestellt wurden. Hier sollte ein Umdenken stattfinden. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes Hebammenkreissaal in Nordrhein-Westfalen geben dazu wichtige Erkenntnisse. Vor dem Hintergrund, dass sich auch viele schwangere Frauen die ärztliche Begleitung der natürlichen Geburt wünschen, sollte es nicht um ein Entweder – Oder sondern um eine Erweiterung der Wahlfreiheit für schwangere Frauen und des geburtshilflichen Angebotes der Klinik, also um Kooperation zwischen Hebammen und Ärzt:innen auf Augenhöhe, gehen.
GRÜNE:
Siehe auch Antwort auf Frage 2. Wir GRÜNE werden die Kooperation zwischen den Berufsgruppen bereits in der Ausbildung fördern. Außerdem sollte eine Finanzierung von Tarifsteigerungen für Hebammen im Krankenhaus daran gebunden werden, inwieweit die Kreißsäle hebammengeleitet sind und eine 1:1-Betreuung in wesentlichen Phasen der Geburt sichergestellt ist.
DIE LINKE:
Schwangerschaft und Geburt sind natürliche Zustände im Leben gebährfähiger Personen. Schwangere haben ein Recht auf fachliche Begleitung entlang des gesamten Prozesses, die medizinische Risiken erkennt und entsprechend reagiert, jedoch nicht von vorneherein von risikoreichen Verläufen ausgeht. Wir wollen daher, dass Hebammen erste Ansprechpartnerinnen für Schwangere und die Schwangerenvor- und -nachsorge sein sollen – wie in den Niederlanden. Hebammen sind die begleitenden und betreuenden Fachkräfte bei der Geburt. Ärzt*innen werden nach Bedarf hinzugezogen.
FDP:
Für uns Freie Demokraten hat das Wohl der Schwangeren und ihres Kindes höchsten Stellenwert. Wir setzen uns daher für eine qualitätsorientierte geburtshilfliche Versorgung ein, welche die Wünsche der Schwangeren mit medizinischen Abwägungen vereint.
CDU/CSU:
Siehe gemeinsame Antwort auf die Fragen 3–6 unter Frage 6.
SPD:
Mit dem Hebammenstellen-Förderprogramm in einem finanziellen Umfang von 100 Millionen Euro pro Jahr und einer Laufzeit von 2021–2023 sollen etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 1.750 weitere Stellen für Fachpersonal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen geschaffen werden. Ein vom BMG in Auftrag gegebenes Gutachten zur Situation der Geburtshilfe in Krankenhäusern hatte aufgezeigt, dass zwar kein genereller Hebammenmangel vorliege, jedoch die Betreuungsrelationen von Hebammen und Entbindungspflegern zu Schwangeren regional sehr unterschiedlich ausfallen und gerade auf großen Geburtsstationen insbesondere in Großstädten immer wieder die Gefahr von Belastungsspitzen und Personalengpässen besteht. Die SPD wird die Wirkung des Hebammenstellen-Förderprogramms aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls weiteren Handlungsbedarf prüfen. Die SPD setzt sich außerdem für verbindliche Personalbemessungssysteme ein.
GRÜNE:
Wie bereits dargestellt, unterstützen wir GRÜNE ein Personalbemessungsinstrument. Gleichzeitig ist es notwendig, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um Hebammen für die Tätigkeit in der klinischen Geburtshilfe zu gewinnen. Ein Baustein hierfür ist eine an bestimmte Qualitätskriterien gebundene Finanzierung von Tarifsteigerungen. Daran wollen wir in den kommenden vier Jahren arbeiten.
DIE LINKE:
Ein Hebammenstellen-Förderprogramm wird von uns im Rahmen des aktuellen Finanzierungssystems von Kliniken unterstützt und sollte schnellstmöglich umgesetzt werden. Unsere Forderung geht jedoch darüber hinaus und betrachtet die Finanzierung des Gesundheitssektors als Ganzen: Gesundheit und Pflege dürfen nicht gewinnorientiert vermarktet werden, sondern gehören in gemeinnützige Hand. Das System der sogenannten Fallpauschalen (DRG) wird daher abgeschafft. Bedarfsgerechte Finanzierung bedeutet im Rahmen der Geburtshilfe eine Hebamme auf 30 Geburten im Jahr, bzw. eine Hebamme pro Familie zu rechnen. Dieser Personalschlüssel muss von Kliniken garantiert und veröffentlicht werden, sodass Schwangere transparent sehen können, wo ausreichende Betreuung für eine respektvolle und im Normalfall physiologische Geburt vorhanden ist.
FDP:
Aus Sicht der Freien Demokraten sind nachhaltige und effektive Maßnahmen notwendig, um eine ausreichende personelle Besetzung in Kreißsälen sicherzustellen. Das Hebammenstellen-Förderprogramm ist dafür ungeeignet. Es bedarf vielmehr einer zur Erreichung der konkret vor Ort benötigten Betreuungsrelation erforderlichen Finanzierung von Hebammenstellen und Stellen für Hebammen assistierendes Personal. Wir setzen uns dafür ein, solche sicherzustellen (vgl. Entschließungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag BT-Drs. 19/24737 (PDF-Dokument)).
CDU/CSU:
Siehe gemeinsame Antwort auf die Fragen 3–6 unter Frage 6.
SPD:
Es ist vor allem wichtig, dem Fachkräftebedarf zu begegnen und geeignete Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Hebammenversorgung, die freie Wahl des Geburtsortes und eine leistungsgerechte Vergütung zu schaffen. An diesen Zielen wird sich die SPD auch weiterhin orientieren. Konkrete Maßnahmen sind in den Antworten dieses Wahlprüfsteines beschrieben.
GRÜNE:
In ländlichen Räumen ist die Versorgung in der Geburtshilfe verbesserungswürdig. Hier setzen wir GRÜNE uns für einen Sicherstellungszuschlag ein, damit die Tätigkeit im ländlichen Raum attraktiver wird. Auch in der stationären Geburtshilfe müssen die Arbeitsbedingungen für Hebammen attraktiver werden. Dazu gehört neben einer attraktiveren Bezahlung vor allem auch der hebammengeleitete Kreißsaal. Unser Ziel ist außerdem, dass in den Mutterschaftsrichtlinien Ärzt*innen verpflichtet werden, Schwangere über ihren Anspruch auf Hebammenhilfe nach § 24d SGB V zu informieren. Auch im Mutterpass muss auf diesen Anspruch hingewiesen werden.
DIE LINKE:
Hebammen können, wie in den Niederlanden, erste Ansprechpartnerinnen für Schwangere sein. Dieses Selbstverständnis muss auch in die Bevölkerung hineingetragen werden. Das Wissen um die Leistungen der Krankenkassen auch im Wochenbett und darüber hinaus muss breit kommuniziert werden. Außerdem müssen ausreichend Hebammen auch im ambulanten Dienst tätig sein um Schwangere in der Schwangerschaft und im Wochenbett zu begleiten. Auch hier muss eine bessere Finanzierung gewährleistet werden, um den Beruf attraktiver zu machen.
FDP:
Aus Sicht der Freien Demokraten gilt es zur Sicherstellung der Versorgung mit geburtshilflichen Angeboten zum einen, den Hebammenberuf für künftige Interessentinnen und Interessenten attraktiv zu gestalten und zum anderen, bereits praktizierende Hebammen nicht zu verlieren. Wir wollen z. B. eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Hebammen sowie eine Entlastung von fachfremden Tätigkeiten erreichen (vgl. hierzu auch den Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag „Beste Versorgung rund um die Geburt sicherstellen Geburtshilfe zukunftsfit machen“ vom 17.12.2019 (PDF-Dokument)).
CDU/CSU:
CDU und CSU werden weiter dafür sorgen, dass die wohnortnahe geburtshilfliche Versorgung gewährleistet ist – auch und insbesondere im ländlichen Raum. Eine gute Zusammenarbeit und ein optimales Zusammenwirken zwischen Ärztinnen und Ärzten, Hebammen aber auch den Kliniken und Geburtshäusern ist für uns der entscheidende Faktor für eine optimale Schwangerenvorsorge und der Betreuung von werdenden Müttern vor, während und nach der Geburt. In § 24 SGB V haben wir festgeschrieben: „Die Versicherte hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung sowie auf Hebammenhilfe einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge; ein Anspruch auf Hebammenhilfe im Hinblick auf die Wochenbettbetreuung besteht bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Geburt, weitergehende Leistungen bedürfen der ärztlichen Anordnung.“
Mit dem Hebammenreformgesetz haben wir uns zudem für eine anspruchsvolle, stärker wissenschaftlich ausgerichtete und gleichzeitig berufsnahe Ausbildung eingesetzt, um so der herausragenden Verantwortung des Hebammenberufs gerechter zu werden. Vor Hintergrund eines kooperativen Zusammenwirkens von Ärztinnen/Ärzten und Hebammen wollen wir Doppeluntersuchungen oder ungeeignete Untersuchungen vermeiden.
SPD:
Eine bessere Kooperation und Verzahnung der verschiedenen Versorgungsangebote sind vor allem über die nach wie vor bestehenden Sektorengrenzen hinweg erforderlich. Es sollten deshalb endlich die dringend notwendigen Anreize geschaffen werden, um die sektorenübergreifende Versorgung im Sinne einer bedarfsorientierten Versorgung zu entwickeln. Das schließt auch die Geburtshilfe ein. Dazu zählt mittelfristig auch die Entwicklung eines einheitlichen, sektorenübergreifenden Vergütungssystems und einer gemeinsamen Bedarfsplanung. Internationale Erfahrungen zeigen, dass regionale Gesundheitsbudgets ein Ansatz sein können, die Sektorengrenzen unter Nutzung eines übergreifenden Vergütungssystems zu überwinden. Wir sollten deshalb regionale Gesundheitsbudgets in Modellregionen erproben.
GRÜNE:
Wir GRÜNE werden Modellprojekte zur zukünftigen Sicherstellung der Geburtshilfe in Regionen mit niedrigen Geburtenraten initiieren, um neue Versorgungsmodelle (etwa mobile Geburtsstationen, telefonische Begleitung durch erfahrene Geburtshelfer*innen, Boarding-Konzepte) zu erproben. Wir wollen die Vielfalt in der Geburtshilfe erhalten, zum Beispiel durch die Förderung der Ansiedlung von Geburtshäusern in unmittelbarer räumlicher Nähe zu Kliniken.
DIE LINKE:
Gerade an Wochenenden zeigt sich die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Geburtshilfe besonders stark. Schwangere, die gynäkologische Hilfe benötigen, aber sich noch nicht im Geburtsprozess befinden, haben keine andere Wahl als sich dennoch an die Kreissäle der Kliniken zu wenden - was dort wiederum Kapazitäten für die eigentliche Geburtshilfe bindet. Es braucht daher ambulante gynäkologische Notfallversorgung, unabhängig von den Kreissälen. Gerade im ländlichen Raum sollte eine solche Notfallversorgung außerhalb von Kliniken gewährleistet werden, da dort der Weg zur nächsten Klinik oft weit sein kann.
FDP:
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jede Patientin und jeder Patient die beste Versorgung erhält. Dafür muss die Gesundheitsversorgung einschließlich der Geburtshilfe künftig umfassend, regional und patientenzentriert gedacht werden. Wir wollen die künstliche Sektorenbarriere zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln.
Um Frauen eine selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen, treten wir dafür ein, dass es weiterhin eine Wahlfreiheit zwischen einer Entbindung in einer Geburtshilfeklinik oder in einem Geburtshaus existiert. Hierfür müssen die Kliniken beziehungsweise Geburtshäuser personell und räumlich besser ausgestattet werden. Wir Freie Demokraten wollen die flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe sicherstellen. Gerade auch im ländlichen Raum müssen wir dafür sorgen, dass ein umfassendes Geburtshilfe- und Betreuungsangebot für Schwangere und Mütter in erreichbarer Distanz vorhanden ist (vgl. Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag „Beste Versorgung rund um die Geburt sicherstellen Geburtshilfe zukunftsfit machen“ vom 17.12.2019 (PDF-Dokument)).
CDU/CSU:
Siehe gemeinsame Antwort auf beide Fragen unter Frage 8.
SPD:
Der Erfolg des nationalen Gesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ wird von vielen sehr unterschiedlichen Institutionen, Akteur:innen und Berufsgruppen getragen und von der Bundesregierung unterstützt und begleitet. Die SPD begrüßt und befürwortet diese Bemühungen um Gesundheitsförderung und Begleitung von schwangeren Frauen und Familien rund um die Geburt ausdrücklich. Die Hebammen sind auch hier von zentraler Bedeutung. Mit Blick auf die Hebammenversorgung ist es deshalb vor allem wichtig, dem Fachkräftebedarf zu begegnen und geeignete Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Hebammenversorgung, die freie Wahl des Geburtsortes und eine leistungsgerechte Vergütung zu schaffen. An diesen Zielen wird sich die SPD auch weiterhin orientieren.
GRÜNE:
Wir GRÜNE wollen das Nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ im SGB V verankern und die öffentliche Gesundheitsberichterstattung zur Frauen- und Kindergesundheit in allen Phasen von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit ausbauen. Außerdem wollen wir die wissenschaftliche Forschung zu verschiedenen, bislang evidenzarmen, Themenkomplexen wie beispielsweise salutogenetisch orientierten Qualitätskriterien und Gewaltprävention fördern, speziell durch die gezielte Unterstützung und den Ausbau der Hebammenwissenschaft.
DIE LINKE:
Das Ziel ist bei Weitem nicht erreicht worden. Die LINKE sieht in den momentan gegebenen Rahmenbedingungen auch keine Chance für eine nachhaltige Verbesserung der Situation. Die Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens muss auf stabile, marktunabhängige Beine gestellt werden. Das bedeutet: Kliniken zurück in gemeinnützige Hände, bedarfsgerechte Finanzierung durch die Krankenkassen, keine Fallpauschalen. In der Geburtshilfe im Speziellen müssen Hebammen als erste Ansprechpartnerinnen anerkannt und entsprechend finanziert werden. Ziel muss eine eins-zu-eins Betreuung durch Hebammen bei jeder Geburt in Deutschland sein.
FDP:
Aus Sicht der Freien Demokraten sind die bisher getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend, um eine solide finanzierte geburtshilfliche Versorgung mit dem Ziel einer 1:1-Betreuung nachhaltig sicherzustellen. Wir setzen uns für eine diesbezügliche Verbesserung ein und wollen dafür auch weiterhin den Dialog mit den Hebammenverbänden suchen, um deren Sichtweise und Vorschläge in die Diskussion einfließen zu lassen.
CDU/CSU:
Über die oben aufgeführten Maßnahmen hinaus wollen wir als CDU und CSU an dem Angebot für häusliche Pflege und Haushaltshilfe, die wegen Schwangerschaft oder Entbindung erforderlich sind, festhalten. Zudem setzen wir uns auch künftig für eine zusätzliche Unterstützung für Mütter und Väter ein, etwa durch die weitere Förderung von Familienhebammen und den Ausbau der Frühen Hilfen über lokale und regionale Unterstützungssysteme.
Darüber hinaus ist es unser Ziel, das Elterngeld weiter zu stärken und gerade Väter zu ermutigen, stärker als bisher das Elterngeld zu nutzen. Wir wollen die Partnermonate beim Elterngeld um weitere zwei auf insgesamt 16 Monate ausweiten, wenn sowohl Vater als auch Mutter Elternzeit nehmen. Zudem setzen wir uns für eine familiengerechte Arbeitswelt ein. So sollen Eltern in bestimmten Lebensphasen ihre Arbeitszeit reduzieren können, etwa im Zusammenhang mit der Familiengründung. Auch wollen wir das bestehende Instrument der Zeitwertkonten praktikabler gestalten und als Familienzeitkonten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nutzbar machen. Dieses Konzept hat sich bereits bewährt, weshalb wir seine Verbreitung weiter fördern wollen. Eltern sollen angesparte Zeiten einsetzen können, um in der Familienphase ohne finanzielle Nachteile weniger zu arbeiten. Auch staatliche Fördermittel sollen auf Familienzeitkonten gebucht werden können.
SPD:
Bund und Länder haben gemeinsam mit vielen Akteur:innen, Einrichtungen und Institutionen aus den unterschiedlichen Sozialsystemen ein komplexes System der Frühen Hilfen entwickelt. Insbesondere die Vernetzung der Angebote aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen, aber auch der Schwangerschaftsberatung, der Frühförderung sowie mit Angeboten zur materiellen Grundsicherung sind dabei von zentraler Bedeutung. (Familien-)Hebammen haben auch hier eine ganz zentrale Bedeutung. Inzwischen sind flächendeckend Netzwerke Frühe Hilfen aufgebaut. Die Angebote der Frühen Hilfen richten sich an alle (werdenden) Eltern mit ihren Kindern im Sinne der Gesundheitsförderung und bieten darüber hinaus Hilfen in konkreten Problemlagen. Die SPD unterstützt und fördert das System der Frühen Hilfen und setzt sich für die weitergehende Kooperation von Einrichtungen des Gesundheitssystems ein.
GRÜNE:
Die Unterstützung von Kindern und Eltern in dieser wichtigen Phase des Lebens ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir GRÜNE wollen die Geburtshilfe und die Hebammenversorgung in Deutschland auf eine sichere Basis stellen. Wir wollen Eltern ermöglichen, ihren eigenen Weg durch diese Zeit zu finden. Sie sollen weiterhin die Wahl haben, wo und wie sie ihr Kind zur Welt bringen. Ein ausreichendes Angebot an Hebammen und klinischer Geburtshilfe muss gewährleistet sein – egal wo die Schwangere wohnt. Alle Frauen und ihre Kinder sollen eine hochwertige und qualitätsgesicherte medizinische Versorgung erhalten, die auf ihre individuellen Bedürfnisse Rücksicht nimmt und bei der die beteiligten Berufsgruppen gut zusammenarbeiten. Geburtshilfe darf nicht von Haftungsrisiken geprägt sein. Bei Interventionen, wie etwa einem Kaiserschnitt, müssen sich werdende Eltern darauf verlassen können, dass diese auch medizinisch notwendig sind. Auch nach der Geburt sollen gute Rahmenbedingungen Eltern ermöglichen, in Ruhe eine Familie zu werden.
DIE LINKE:
Geburtshilfe und Betreuung von Schwangeren und Wöchnerinnen, sowie ein umsorgter Start ins Leben für jedes Kind ist von unermesslicher Bedeutung. Die LINKE blickt mit Sorge auf die immer größeren Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die Marktzwängen und wirtschaftlicher Logik unterworfen werden. Dies betrifft auch die Sorgearbeit, worunter Sorgende und Umsorgte leiden. Neben den oben genannten Maßnahmen für die Geburtshilfe und die Hebammenversorgung in Schwangerschaft und Wochenbett sieht die LINKE eine Reihe von Maßnahmen vor, die die Sorge- und Pflegearbeit soll sowohl im privaten, als auch im professionellen Bereich aufwerten und gerechter verteilen sollen. Auch Beschäftigte in haushaltsnahen Dienstleistungen, wie z.B. Mütterpflegerinnen und Haushaltshilfen im Wochenbett, sollen dadurch besser anerkannt und bezahlt werden. Wir wollen einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes. Zudem soll der Elterngeldanspruch auf 12 Monate pro Elternteil ausgeweitet werden. Die Bedeutung dieser Lebensphase für Eltern und Kinder soll dadurch sichtbar und geschützt werden.
FDP:
Für uns Freie Demokraten sind Kinder unsere Zukunft. Wir wollen dazu beitragen, der geburtshilflichen Gesundheitsversorgung einen entsprechenden Stellenwert in der öffentlichen sowie gesundheitspolitischen Debatte zu verschaffen. Dabei wollen wir die Anliegen der in der Geburtshilfe tätigen Akteure stärker einfließen lassen.